Geldscheine
© Umweltzeichen.

Nachhaltige Finanzprodukte unter der Lupe

Welchen Beitrag leistet das Österreichische Umweltzeichen bei der Bewältigung der Klimakrise – und inwiefern unterschieden sich umweltzeichenzertifizierte Aktienfonds von konventionellen Aktienfonds hinsichtlich des Carbon Footprints? Dieser Frage ging eine aktuelle Untersuchung des VKI nach.

Die Zahl der umweltzeichenzertifizierten Finanzprodukte steigt seit der Einführung der Richtlinie UZ 49 für Nachhaltige Finanzprodukte im Jahr 2004 stetig – mit Stand Februar 2022 hatten bereits 224 Finanzprodukte eine derartige Zertifizierung. Inwiefern sich umweltzeichenzertifizierte Fonds hinsichtlich ihres CO2-Fußabdrucks von konventionellen Fonds unterscheiden, wurde vom Verein für Konsumentenschutz (VKI) im Auftrag des Bundesministeriums für Klimaschutz (BMK) erhoben.

Was ist der Carbon Footprint?

Der Carbon Footprint bezeichnet im Fondsbereich alle Treibhausgasemissionen, die ein Portfolio infolge der investierten Titel auf sich vereint. Im Normalfall, so auch in der vorliegenden Untersuchung über 53 umweltzeichenzertifizierte Aktienfonds, werden dabei all jene Emissionen berücksichtigt, die einerseits direkt im Unternehmensbereich liegen (Scope 1) sowie jene indirekten Emissionen, die infolge des zugekauften Energieverbrauchs (Strom, Wärme, etc.) anfallen. Hernach bestehen unterschiedliche Berechnungsarten: im vorliegenden Fall wurden die Treibhausgasemissionen aller investierten Unternehmen, aliquot zum Anteil eines jeden Unternehmen im Portfolio, summiert und auf einen Euro normiert. Zur Vergleichbarkeit wurde analog dazu der Carbon Footprint von 15 konventionellen Aktienfonds berechnet, die keine nachhaltige Anlagestrategie verfolgen.

Umweltzeichenfonds deutlich besser

Das überragende Ergebnis: Ein Investment in einen nachhaltigen Aktienfonds mit Umweltzeichen hat durchschnittlich 72 Prozent geringere Emissionen zur Folge als ein Investment in einen konventionellen Aktienfonds. Stehen pro investiertem Euro bei Umweltzeichenfonds durchschnittlich 16,21 Kilogramm Treibhausgase in Zusammenhang, fallen bei konventionellen Aktienfonds 57,17 Kilogramm an. Der Carbon Footprint von konventionellen Aktienfonds ist also mehr als dreieinhalb Mal höher als von umweltzeichenzertifzierten Aktienfonds. Das Ergebnis ist zudem statistisch hochsignifikant – bedeutet: kein Zufall, sondern Effekt der vom Umweltzeichen geforderten, nachhaltigen Investmentstrategie.

Auch der Vergleich mit einem nachhaltigen Index (dem VigeoWorld 120 Global, der die weltweit 120 aus Nachhaltigkeitssicht besten bewerteten Titel vereint) zeigt, dass der Carbon Footprint pro investiertem Unternehmen bei Umweltzeichenaktienfonds um durchschnittlich 26 Prozent geringer ist.

Die Reise nach Paris

Dem Vorwurf, nachhaltige Fonds seien Greenwashing, kann somit empirisch entgegengehalten werden: das stimmt so definitiv nicht. Zwar sind die Pariser Klimaziele noch nicht erreicht, aber Nachhaltigkeitsfonds befinden sich definitiv auf dem richtigen Weg dorthin. Die Marktkontrolle zeigte zudem letzte fossile Betroffenheiten des Österreichischen Umweltzeichens für Nachhaltige Finanzprodukte auf – wodurch weitere mögliche Reduktionspotenziale des Carbon Footprint zum Beispiel durch eine Ausweitung der Ausschlusskriterien infolge der Richtlinienüberarbeitung 2023 auf der Hand liegen und diskutiert werden müssen.

Nachhaltigkeit: Mehr als Klima

Bei all dem darf aber nicht vergessen werden: Nachhaltigkeit im Fondsbereich ist mehr als ein niedrigerer Carbon Footprint. Das Österreichische Umweltzeichen schreibt eine Reihe weiterer Kriterien vor, die maßgeblich zur Nachhaltigkeit wie Glaubwürdigkeit von Umweltzeichenfonds beitragen - sich aber nicht im Carbon Footprint niederschlagen. Das betrifft etwa Ausschlusskriterien in den Bereichen Gentechnik, Nuklearenergie oder Rüstung, aber auch umfassende Kriterien zur nachhaltigen Anlagestrategie sowie Transparenzkriterien, damit sich Konsumenten ein umfassendes Bild über Umweltzeichenfonds machen können.

Alles Wissenswerte rund um die Kriterien sowie die aktuelle Richtlinie finden sich hier.

Zur Methodik der Untersuchung

Für die Berechnung wurden die Daten von Vigeo Eiris herangezogen, einem Nachhaltigkeitsresearch-Anbieter, der Scope 1- sowie Scope 2-Emissionen von 11.576 Unternehmen weltweit bietet.1 Scope 1-Emissionen umfassen die gesamten globalen direkten Emissionen aus Quellen, die der berichtenden Organisation gehören oder von ihr kontrolliert werden. Scope 2-Emissionen betreffen die indirekten Emissionen aus dem Verbrauch von eingekauftem Strom, Wärme, Kälte oder Dampf.

Zur Ermittlung der Treibhausgasemissionen, die ein Fondsportfolio auf sich vereint, wurden die relativen CO2eq-Emissionen berechnet. Dabei werden auf Basis des Gewichts, das ein Titel in einem Portfolio hat, die entsprechenden Emissionen des Unternehmens alloziert – die Summe über alle derart gewichteten Emissionen ergibt die absoluten CO2eq-Emissionen. Bei Division dieser Zahl durch die veranlagten Gelder („Assets under Management“) werden die relativen CO2eq-Emissionen berechnet – mit dem Vorteil, dass sich so unterschiedliche Portfolien miteinander vergleichen lassen. Der Nachteil: die Assets under Management können, wenn Fonds sehr verschiedener Größe in Bezug auf das veranlagte Geld verglichen werden, einen verzerrenden Effekt ausüben.

Alle Ergebnisse wurden mittels statistischer Tests daraufhin untersucht, ob es sich um deskriptive Zufallsergebnisse handelt oder um verallgemeinerungswürdige Erkenntnisse („Signifikanz“).