Römerstadt Carnuntum.
© Römerstadt Carnuntum/atelier olschinky.

Nachhaltigkeit in der Römerstadt Carnuntum

In der Römerstadt Carnuntum spielt ökologische Nachhaltigkeit eine sehr große Rolle. Deshalb hat sie sich um das Österreichische Umweltzeichen beworben. Aber: Gab es in der römischen Antike auch so etwas wie Umweltbewusstsein? Lesen Sie hier dazu Interessantes.

Weil die Welt nach Gold verlangt.

„Hier nämlich durchgräbt man die Erde auf der Jagd nach Reichtum, weil die Welt nach Gold, Silber, Bernstein und Kupfer verlangt, dort der Prunksucht zuliebe nach Edelsteinen und Färbemitteln für Wände und Holz, anderswo um verwegenen Treibens willen nach Eisen, das bei Krieg und Mord sogar noch mehr geschätzt wird als das Gold.“ Diese kritischen Worte über den respekt-, hemmungs- und gnadenlosen Umgang in der Antike mit der „Erde“ und Menschen bei der von Prestige-Wahn angetriebenen Suche und Förderung von Gold, Silber und Eisen stammen aus der Naturalis Historia (XXXIII, I, 1-3) von Plinius d. Ä., der im 1. Jahrhundert nach Christus lebte. Seine Feststellungen sind auch 2021 nach wie vor (leider) topaktuell.

Die Quellen zeigen, „dass es in der Antike ein sehr geringes Umweltbewusstsein gegeben hat. Ganze Landstriche in Nordafrika, der Iberischen Halbinsel und am Balkan wurden abgeholzt und verkarsteten, um Rohstoff zum Bauen, für Schiffe, zur Metallgewinnung, im Bergbau, zum Heizen der großen Thermenanlagen zu haben“, erzählt Dr.in Marion Großmann von der Römerstadt Carnuntum in Petronell-Carnuntum, Niederösterreich (www.carnuntum.at). Sie ist dort für die Kulturvermittlung und das Qualitätsmanagement zuständig – und hat für uns auch bei Plinius d. Ä. und anderen antiken Autoren nachgelesen. Dr.in Großmann begleitet das Museum aber auch auf dem Weg zur Zertifizierung mit dem Österreichischen Umweltzeichen.

Der Müll der Antike.

Dr.in Großmann berichtet weiter: „In den Großstädten der Antike herrschten miserable Zustände: Müll wurde aus den Fenstern der Mietskasernen gekippt oder einfach in den Fluss geworfen. Kanäle waren nicht in allen Städten vorhanden und wenn, dann waren sie oft heillos zugemüllt. In Athen und Rom herrschte bereits in der Antike bestialischer Gestank.“ Trotzdem gab es gravierende Unterschiede zur heutigen Umwelt-Situation: „Die Auswirkungen der Ausbeutung und Verschmutzung der Umwelt waren nur deshalb nicht so zerstörerisch, weil sie vorwiegend lokal stattfanden und auch von den technischen Möglichkeiten nicht die Ausmaße erreichten, wie dies heute der Fall ist“, stellt Dr.in Großmann fest. Und ergänzt: „Ein überwiegender Teil der Abfälle war organisch und daher nicht in demselben Maße umweltbelastend, wie dies heute der Fall ist. Zudem gab es mehrheitlich regionale Umweltkrisen im Gegensatz zur heutigen globalen Gefahr.“

Römerstadt Carnuntum
© Römerstadt Carnuntum/atelier olschinky

Carnuntum in Oberpannonien.

Carnuntum war die Hauptstadt der römischen Provinz Oberpannonien, an der Grenze des Römischen Reichs gelegen, und vom 1. bis 4. Jahrhundert nach Christus von Bedeutung. Heute können die Besucher im sog. Römischen Stadtviertel der „Römerstadt Carnuntum“ rekonstruierte antike Häuser besichtigen, zudem sind zwei Amphitheater sowie das international bekannte Heidentor zugänglich. Im „Archäologischen Museum Carnuntinum“, dem Schatzhaus Carnuntums in Bad Deutsch Altenburg sind wechselnde Ausstellungen zu sehen. Derzeit steht das Römische Militär im Zentrum der Ausstellung „Der Adler Roms – Carnuntum und die Armee der Caesaren“.

Nachhaltigkeit in Carnuntum.

War in der Antike das Umweltbewusstsein sehr gering ausgeprägt, spielt hingegen ökologische Nachhaltigkeit in der Römerstadt Carnuntum schon seit längerer Zeit eine wichtige Rolle und wird dies in Zukunft in einem noch größerem Ausmaß tun (www.carnuntum.at/de/roemerstadt-carnuntum/nachhaltigkeit/nachhaltigkeit-in-carnuntum). Schon beim Bau der Rekonstruktionen kamen nur natürliche Baustoffe zum Einsatz. Bei laufenden Instandhaltungsmaßnahmen wird auf Regionalität geachtet. „Diese Maßnahmen sind nur Beispiele für eine konsequent gelebte Nachhaltigkeitsstrategie. Die Bewerbung um das Österreichische Umweltzeichen war somit der nächste logische Schritt, um den Nachhaltigkeitsgedanken strukturiert weiterzuführen“, stellt der Geschäftsführer Dr. Markus Wachter klar.

Erste Heizversuche in der Therme. Copyright by RSC.
© RSC.

Ganz Feuer & Flamme.

Was und wie kann der Besucher von der Antike in Bezug auf Energienutzung in Carnuntum lernen? „Bereits jetzt gibt es ein Vermittlungsprogramm in Kooperation mit dem Energiepark Bruck an der Leitha mit dem Titel ‚Feuer & Flamme‘. Es vergleicht den Einsatz erneuerbarer Energien in der Antike mit jenem in der Gegenwart. Darüber hinaus werden alle Vermittlungsprogramme derzeit so aktualisiert, dass Nachhaltigkeitsthemen breiteren Raum finden.“

Stichwort Feuer.

Wie wurden Privathäuser in der römischen Antike beheizt, wie wurde in den Haushalten gekocht? „In den römischen Häusern in Rom und den Provinzen wurde überwiegend mit Holz geheizt. Auch im privaten Bereich diente eine Fußbodenheizung für warme Böden und erwärmte gleichzeitig die Wände. Im Römischen Stadtviertel Carnuntum wurden in der Villa Urbana sowie im Haus des Lucius authentische Hypokaustheizungen eingebaut, die regelmäßig in Betrieb genommen werden. Geheizt wird wie in der Antike ausschließlich mit Holz. Auch die Kochstellen in den Häusern des Römischen Stadtviertels wurden mittels Experimentalarchäologie wieder errichtet und sind in regelmäßiger Verwendung.“

Therme Caldarium Römerstadt Carnuntum. Copyright by Römerstadt Carnuntum atelier olschinsky.
© Römerstadt Carnuntum atelier olschinsky.

Vergangenheit. Gegenwart. Zukunft!

Wir bedanken uns bei Dr.in Marion Großmann und Dr. Markus Wachter für das interessante Gespräch, für ihre kompetenten Antworten zum Fragenkomplex „Antike und Umwelt“.

Ein zeitgemäßes Museum bewahrt die Vergangenheit, lebt aktiv im Hier und Jetzt und gibt wichtige Impulse für die Zukunft. Die Römerstadt Carnuntum hat den richtigen Weg der Nachhaltigkeit eingeschlagen: So geht Museum richtig! Es ist daher zu hoffen, dass viele österreichische Museen diesem Beispiel folgen werden.

Autor: Dr. Helmuth Öhler

Bildnachweis:

1 Römerstadt Carnuntum. © atelier olschinky

2 Erste Heizversuche in der Therme. © RSC

3 Therme Caldarium. © atelier olschinsky