Grüner Stromstecker wird in graue Steckdose gesteckt
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Grünes Mascherl für grauen Strom

Der Strom kommt aus der Steckdose und hat kein Mascherl. Damit die Kunden dennoch erkennen können, aus welchen Energieträgern der Strom produziert wurde und welche Umweltauswirkungen damit verbunden sind, sind die Lieferanten seit 2001 gesetzlich verpflichtet, das auf der Stromrechnung anzugeben. Wasserkraftzertifikate verwaschen zunehmend diese Transparenz.

Der Strommix der großen österreichischen Energieversorger setzt sich im Wesentlichen aus drei Komponenten zusammen. Zum einen aus den erneuerbaren Quellen – das ist in erster Linie Strom aus Wasserkraftwerken und zunehmend aus Windrädern, Photovoltaik- und Biomasseanlagen. Dazu kommt ein Anteil aus den fossilen Quellen, vor allem aus Kohle und Gas. Und dann ist da noch der Strom „aus unbekannter Herkunft“, auch „Graustrom“ oder „ENTSO-E-Mix“ genannt. Das ist jener Strom, der an den internationalen Strombörsen zugekauft wird. Dieser setzt sich aus ca. 30% atomaren, 50% fossilen und 20% Wasserkraft-Anteilen zusammen.

Laut Stromkennzeichnungsbericht der E-Control 2013 ist der Anteil der erneuerbaren Energieträger deutlich gestiegen - von 64,4% auf 74,5%. Der fossile Anteil ist von 21,4% auf 17,9% gesunken, ebenso der Strom unbekannter Herkunft von 13,9% auf 7,25%. Seit Jänner 2014 gibt es in den Angeboten der konventionellen Stromhändler Österreichs nur noch „Ökostrom“ sowie Strom aus fossilen Quellen. Der Börsenstrom, den die meisten Händler bis vor kurzem ausgewiesen hatten, ist auf wundersame Weise verschwunden.

Wasserkraftzertifikate waschen Atomstrom sauber

Der Grund dafür ist nicht etwa der massive Ausbau der erneuerbaren Quellen oder der oftmals geforderte Ausstieg aus der Atomenergie, sondern ein rechnerischer Trick. Kauft der Energieversorger zusätzlich zum Börsenstrom Wasserkraft-Zertifikate, kann er diesen als „Ökostrom“ verkaufen. Diese Zertifikate stammen zu einem großen Teil aus Norwegen, wo es zahlreiche Wasserkraftwerke gibt. Das heißt aber nicht, dass der Strom auch tatsächlich aus einem norwegischen Wasserkraftwerk kommt, denn gehandelt wird nur das Zertifikat.

„Dieser Zertifkatshandel macht aus der Stromkennzeichnung eine klare Täuschung der Bevölkerung. Den Stromkunden wird Strom aus Wasserkraft verkauft, ohne dass der Versorger diesen jemals eingekauft hat“, ärgert sich Andi Peter vom Verein für Konsumenteninformation (VKI).

Selbst die Regulierungsbehörde E-Control bestätigt diese Praxis. Dr. Harald Proidl: „ Wir haben ein System, in dem Strom und Zertifikate unabhängig voneinander gehandelt werden können. Der Versorger kann also Graustrom an der Börse kaufen und ihn als Wasserkraft verkaufen.“ Man könne als Behörde nur feststellen ob die Menge Strom, die abgegeben wird auch dem entspricht, was eingekauft wurde bzw. durch Zertifikate belegt ist. In die tatsächlichen Stromeinkäufe der Energieversorger habe die E-Control keinen Einblick.

Aus Atomstrom wird somit auf wundersame Weise „Ökostrom“. Und das bringt vor allem einen Imagegewinn in einem Land, in dem die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung die Atomenergie ablehnt. Und nur wenige Konsumenten durchschauen diese Praxis.

Wer daher sichergehen möchte, tatsächlichen Ökostrom zu beziehen, kann sich am Österreichischen Umweltzeichen „Grüner Strom“ orientieren. Nur dieser ist garantiert frei von Atomstrom und auch ohne fossile Quellen hergestellt. Zudem gibt es strenge ökologische Anforderungen an die Wasserkraft sowie eine Limitierung der eingesetzten Mengen. Die Zeichennutzer verpflichten sich darüber hinaus, in neue Anlagen zur Gewinnung von Strom aus Sonne, Wind, Biomasse und Wasserkraft zu investieren.