Grünes Geld für grüne Investitionen: EU-Taxonomie – Einblicke, Analysen und Anforderungen
Unter den vielen Richtlinien und Verordnungen im Bereich Sustainable Finance nimmt die EU-Taxonomie einen zentralen Platz ein. Die EU-Taxonomie ist ein Klassifikationssystem, das festlegt, welche wirtschaftlichen Aktivitäten als umweltverträglich gelten. Ziel ist es, Kapital in nachhaltige Wirtschaftsbereiche zu lenken und den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu unterstützen
Das Umweltzeichen-Webinar am 26. Mai aus der Reihe „Grünes Geld für Grüne Investitionen“ beschäftigte sich mit den zentralen Entwicklungen und aktuellen Herausforderungen rund um die EU-Taxonomie. In vier kompakten Fachinputs erhielten die zahlreichen Teilnehmer:innen fundierte Einblicke in den Stand der Umsetzung sowohl in den Unternehmen als auch bei den Finanzprodukten.
Das Webinar startete mit Eröffnungsworten aus dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft (BMLUK). Josef Behofsics (Abt. V/7) und Sebastian Holler (Abt. VI/3) begrüßten die Gäste zum Webinar.
Wie gut ist das Taxonomie-Reporting großer europäischer Unternehmen? Dieser Frage widmete sich Angela McClellan, Director Sustainable Finance, PwC Germany, in einem ersten Beitrag. Angela McClellan gab dazu einen ersten Einblick in eine zum Zeitpunkt des Webinars noch nicht veröffentlichten Untersuchung von PwC. Diese Untersuchung analysierte die Fortschritte von 93 Finanzunternehmen aus elf europäischen Ländern bei der Offenlegung von Taxonomiedaten. Die Taxonomiequoten, soviel konnte Angela McClellan bereits verraten, sind auch 2025 noch einstellig. Das ist auch mit ein Grund, warum diese KPIs noch nicht zur Steuerung in den Instituten verwendet werden. Die Gründe liegen zum einen darin, dass die Taxonomiefähigkeit sehr stark vom Geschäftsfeld abhängig ist. Dazu kommt, dass KMUs nicht taxonomiefähig sind und daher nicht zu den Quoten der Finanzinstitute beitragen können. Angela McClellan betonte zudem, dass der Taxonomiegrad alleine nicht ausreicht, um den grünen Transformationsgrad eines Unternehmens oder Portfolios zu beurteilen. Für die Zukunft bleibt es wesentlich, die regulatorischen Änderungen (z.B. durch Omnibus) zu beobachten. Wenn in Zukunft weniger Unternehmen angehalten sind, über ihre Taxonomie zu berichten, fehlen diese Daten für die Finanzinstitute.
In der Folge beschäftigte sich der zweite Beitrag mit der Taxonomiekonformität des europäischen Fondsmarktes. Stefan Roithmeier, Geschäftsführer The Value Group GmbH, gab dem Publikum einen Einblick in eine vom Klimaministerium beauftragten Studie mit dem Ziel, ein aktuelles Bild des Marktes zur Taxonomiekonformität und der identifizierten Lücken in der Umsetzung zu liefern. Dabei wurden circa 3.750 europäische Fonds (mit Fokus auf DACH- und nordische Länder) analysiert. Ein zentrales Ergebnis der Studie war, dass der gemeldete taxonomiekonforme Umsatz durchschnittlich 3 % zeigte, mit ähnlichen Werten für CapEx und OpEx. Die durchschnittliche kombinierte Taxonomie-Fähigkeit (Eligibility) liegt bei etwa 40 %, wobei viele Aktivitäten potenziell nachhaltig sind, aber (noch) nicht alle Kriterien dafür erfüllen. Ein für dieses Webinar besonders relevante Ergebnis war die höhere Konformität bei Artikel-9-Fonds und Finanzprodukten, die mit dem Österreichischen Umweltzeichen gelabelt sind.
Wie es um die Taxonomiekennzahlen österreichischer Unternehmen steht, berichtete Mirjana Kovacevic, Mitarbeiterin im Bereich Grüne Finanzen und nachhaltige Wirtschaft des BMLUK. Der Stichprobenumfang ihrer Analyse bestand aus 44 Nichtfinanzunternehmen und 18 Finanzunternehmen aus Österreich. Dabei zeigte sich, dass der durchschnittliche Umsatzanteil für Taxonomiefähigkeit 46 % beträgt, fürTaxonomiekonformität 15 %. Grundsätzlich zeigte sich eine deutliche Streuung bei Taxonomiefähigkeit und -konformität zwischen den Branchen, auch was die getätigten Investitionen betrifft. Im Gebäudesektor beispielsweise wird ein hohes Potenzial gesehen: Nahezu alle Investitionen sind taxonomiefähig, aber weniger als die Hälfte erfüllen aktuell die Anforderungen an die Taxonomiekonformität. In der Tatsache, dass die EU-Taxonomie nur ausgewählte Wirtschaftsbereiche abdeckt, leiteten die Studienautor:innen die Notwendigkeit ab, die EU-Taxonomie weiterzuentwickeln.
Der abschließende Beitrag von Raphael Fink, Projektleiter Umweltzeichen im Verein für Konsumenteninformation (VKI), ging der Frage nach, wie ein verpflichtendes Taxonomiekriterium in die Umweltzeichenrichtlinie 49 für nachhaltige Finanzprodukte eingeführt werden könnte. Aufbauend auf der oben erwähnten Studie von The Value Group gibt es den Vorschlag, eine 8%ige Taxonomiekonformität als Minimalforderung für zertifizierte Fonds einzuführen. Ob es nun dazu kommen wird, entscheidet der Umweltzeichenbeirat, der Ende Juni tagen wird.
Susanne Hasenhüttl von der ÖGUT, die durch das Webinar führte, bedankte sich am Ende der Veranstaltung bei den Referent:innen für ihre spannenden Vorträge und bei den Teilnehmer:innen für ihr Interesse sehr herzlich.
Das Webinar wurde von der ÖGUT im Auftrag des BMLUK und in Kooperation mit dem VKI/Umweltzeichen durchgeführt. Die einzelnen Präsentationen und die Aufzeichnung des Webinars stehen auf der Website der ÖGUT zum Download zur Verfügung. Außerdem finden sich auf der Website der ÖGUT noch Antworten der Referent:innen zu einzelnen Fragen, die sehr zahlreich im Webinar gestellt wurden und nicht alle beantwortet werden konnten: https://www.oegut.at/de/events/2025/05/uz-webinar-eu-taxonomie-einblicke.php
Susanne Hasenhüttl, ÖGUT