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Nachlese Fachgespräch "Was ist Ökostrom"

Jede Kilowattstunde Strom, die in Österreich an Endkunden geliefert wird, muss mit einem Herkunftsnachweis versehen sein. Eine Bestimmung in der EU-Richtlinie für Erneuerbare Energien erlaubt allerdings den getrennten Handel von Strom und Herkunftszertifikaten.

Am 23.11. 2016 luden der Verein für Konsumenteninformation und das Umweltministerium zu einem Fachgespräch zum Thema Ökostrom. Nach der Begrüßung von Abteilungsleiter Tschulik legten Experten ihre Ansicht zu dem Thema dar. Hier finden Sie eine Zusammenfassung der Veranstaltung.

Dr. Harald Proidl, Energie-Control Austria
"Ökostrom in Österreich - eine Bestandsaufnahme"

Harald Proidl präsentierte Informationen zur legislativen Entwicklungen auf EU Ebene zu Ökoenergie und Energieeffizienz, den Stromkennzeichnungsbericht und den Ökostrombericht.

Europa hat sich bis 2030 das Ziel gesetzt, den Anteil an erneuerbaren Energien zu erhöhen und das in eine Richtlinie gegossen. Außerdem sind Regelungen vereinbart, wie Fördersysteme gestaltet sein sollen. In der EU gibt es also ein Bekenntnis zum Ausbau des Ökostroms und zu einer Transparenz am Markt. Neue Förderrichtlinien der EU sollen sicherstellen, dass in Zunft auch geförderte Technologien stärker in den Markt integriert werden.

Auch in Österreich gibt es ein Bekenntnis zum Ausbau des Ökostroms. Das Ökostromgesetz in Österreich ist nicht mehr zeitgemäß, es besteht Reformbedarf um die EU Vorgaben umzusetzen.

Um den Anteil der Strommenge von erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch in Österreich darzustellen muss man verschiedene Begriffe auseinanderhalten.

  • „Ökostrom“ kann definiert werden auf Basis des Ökostromgesetztes, d.h. es handelt sich ausschließlich um Strom der laut Ökostromgesetz gefördert wird
  • Erweiterte Definition: Ökostrom enthält auch einen Anteil aus Anlagen die nicht (mehr) gefördert werden.
  • Strom aus Erneuerbaren enthält auch Strom aus Großwasserkraft.
  • Strom aus Erneuerbaren laut Stromkennzeichnung enthält auch Strom aus Zertifikaten.

Das heißt, es gibt eine Diskrepanz zwischen physikalischen Grundlagen und kaufmännischem Gebaren.

Positiv zu sehen ist die Entwicklung, dass der gelieferte Strom in Österreich zu 100% gekennzeichnet ist, problematisch ist aber, dass nicht alle Mitgliedstaaten die Stromkennzeichnung umsetzen und dass LieferantInnen nicht angeben müssen, welchen Anteil an ihrem Strom sie mit Zertifikaten gekauft haben. Dadurch ist für die E-Control nicht nachvollziehbar, wie viel Strom mit Herkunftsnachweisen gehandelt wurde.

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Jörg Mühlenhoff, BEUC
"Verbrauchererwartungen an Ökostrommärkte - Bericht aus Brüssel"

Jörg Mühlenhoff spricht im Namen der Konsumentenschutzorganisationen Europas und stellt die Sicht der KonsumentInnen dar, die Strom beziehen.

Bei der derzeitigen Lage des getrennten Handels von Strom und Herkunftsnachweisen ist für KonsumentInnen nicht ersichtlich, ob ihr Geld wirklich in erneuerbare Energien fließt oder nicht. Die Kaufentscheidung für Ökostrom sollte aber positive Auswirkungen auf den Ausbau erneuerbarer Energien haben. Das heißt, die Kennzeichnung sollte genau dem eingekauften Strom entsprechen, also müssen die Geldflüsse an die Herkunftsnachweise gekoppelt sein.

Laut Umfragen wollen VerbraucherInnen, dass erneuerbare Energien ausgebaut werden und sie sind auch bereit mehr dafür zu bezahlen. Derzeit sind Ökostromtarife um 4-7% teurer, ohne dass das Geld in den Ausbau erneuerbarer Energien fließt daher kommt es zu keiner Marktentwicklung und man kann von VerbraucherInnentäuschung sprechen.

Lösungsansätze gibt es in verschieden Ländern wie Dänemark, GB, Belgien oder den Niederlanden. In Dänemark muss der Strom nach seinem Umweltnutzen mit A, B oder C gekennzeichnet sein, in GB müssen Firmen, die mit Ökostrom werben, einen jährlichen Bericht mit Zahlen über die Geldflüsse veröffentlichen. In den Niederlanden und Belgien hat sich ein Nachhaltigkeitsranking von Verbraucherschutzorganisationen und Greenpeace etabliert. Es gibt nur wenige unabhängige Qualitätslabel, die ausreichend transparent sind und einen zusätzlichen Umweltnutzen haben. Das kann aber zum Beispiel das Österreichische Umweltzeichen leisten.

Herr Mühlenhof sieht in diesen Problemen eine Aufgabe der Regierungsbehörde, der Verbraucherschutz kann nur Vorschläge machen.

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DI Manfred Doppler, Anti-Atom-Komitee
"Ökostrom und Zertifikate"

Auch Herr Doppler vom Anti-Atom Komitee sieht als Grundproblem den getrennte Handel von Energie und Zertifikaten, denn der Geldfluss ist das entscheidende Kriterium für die Entwicklung alternativer Energien.

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Diskussion

Es gibt Vorschläge, nationale Mechanismen zu nutzen, die nicht in Widerspruch zur EU Richtlinie stehen (z.B. könnet das über den Preis der Zertifikate gehen).

Wenn CO2 nach Kostenwahrheit besteuert werden würde, dann wären viele Zertifikate automatisch teurer.

Wichtig wäre es, ein geschlossenes System zu haben, bei dem alle Mitgliedsländer mit machen, nur so kann der Zertifikatehandel durch das Entstehen von Engpässen funktionieren.

Eine korrekte Information der KundInnen ist notwendig.

Photovoltaik auszubauen ist aufgrund der niedrigen Marktpreise von Strom nicht möglich.

DI Werner Pölz, Umweltbundesamt:
"Wie bilanziert man Strom richtig?"

Aus Umweltsicht ist auschlaggebend, dass Treibhausgasemissionen verringert werden. Das kann nur durch Reduktion des Stromverbrauchs und Ersatz fossiler Energieträger durch erneuerbare erfolgen.

Werner Pölz beleuchtet die Seite eines Unternehmens, das eine eigene Treibhausgasbilanz erstellen möchte. Wie kann das Unternehmen diese korrekt erstellen wenn der Strom Mix nicht transparent ist?

Man kann dann mit verschiedenen Szenarien rechnen, wie dem österreichischen Strommix oder dem Erzeugermix. Am besten für Unternehmen wäre es aber, Qualitätskriterien für den Stromversorger festzulegen um transparente Belege zu haben (z.B. Strom zertifiziert mit Umweltzeichen oder ein unabhängiger Stromlieferant mit 100% Erneuerbaren im Versorgermix und 100% Herkunftsnachweisen aus Österreich).

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Andi Peter, VKI-Verein für Konsumenteninformation
"Österreichisches Umweltzeichen Grüner Strom"

Andi Peter stellt die KonsumentInnenerwartungen an Grünen Strom dar, die auf einer aktuellen VKI Umfrage beruht. Demnach erwarten die meisten KonsumentInnen bei einem Produkt aus Ökostrom, dass garantiert nur aus erneuerbaren Quellen eingekauft wird, nicht mit Atomstrom gehandelt wird, keine fossilen Brennstoffen verwendet werden und zum Ausbau erneuerbarer Energien beigetragen wird.

Anschließend erläutert er, wie mit der Richtlinie UZ46 „Grüner Strom“ alle genannten Forderungen auf freiwilliger Basis umsetzt werden.

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