Ein gebratenes Huhn im Abfalleimer
Und nicht nur das! Denn unvorstellbar: 1,4 Millionen Tonnen an Lebensmitteln landen jährlich in Österreich im Abfall. Jeder, jede kann dagegen etwas tun. Lesen Sie hier, wie Essbares vor dem Müll gerettet werden kann.
Lebensmittel | Abfall. Überlegen wir: Alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind, dass sie von Menschen als Nahrung aufgenommen werden, bezeichnen wir als Lebensmittel. Ohne Nahrung: Hunger – mit all seinen Auswirkungen. Unter Abfall versteht man hingegen sämtliche vom Menschen genutzte Materialien und Substanzen, welche aus der Sicht desjenigen, der deren Wert beurteilt, keinen unmittelbaren Verwendungszweck mehr erfüllen. Beide Begriffe – Lebensmittel und Abfall – stehen daher im Widerspruch. Und doch gibt es Lebensmittelabfall in Österreich. Sogar eine erschreckende Menge.
Eins Komma vier Millionen Tonnen. 150 Kilogramm oft noch genießbare Lebensmittel wirft jeder Österreicher, jede Österreicherin pro Jahr in den Mülleimer. In Summe ergibt das die erschreckende Menge von 1,4 Millionen Tonnen ungenützter Lebensmittel – wie die Österreichische Abfallwirtschaftsbehörde erhoben hat. Gründe dafür sind übermäßiger (da ungeplanter) Einkauf, falsche Lagerung von Nahrung und das Vergessen von Lebensmitteln im Kühlschrank. Diese enorme Verschwendung hat auch Auswirkungen auf die Umwelt: So verursacht die Entsorgung von Lebensmitteln eine hohe Menge an Treibhausgasen.
Gebratene Hühner fallen nicht vom Himmel. Klar. Und damit sie auch nicht in den Mülleimer „fallen“, können einige Tipps beachtet werden. Dann wird viel weniger Essbares in der Abfalltonne landen:
- Planen Sie bitte Ihre Mahlzeiten für die Woche im Voraus („Wochenspeiseplan“). Dann eine genaue Einkaufsliste basierend auf Ihren Plan („Bedarfsanalyse“!) erstellen. Halte Sie sich im Supermarkt an Ihre Notizen! Das hilft sehr, unnötige (Spontan-)Käufe und damit auch Abfall zu vermeiden!
- Zuhause angekommen, lagern Sie die eingekauften Lebensmittel richtig, um ihre Haltbarkeit zu verlängern: Also frische Produkte in den Kühlschrank geben. Für offene Lebensmittel werden luftdichte Behälter verwendet, um sie länger frisch zu halten.
- Lebensmittel, die nicht rechtzeitig verbraucht werden können, werden eingefroren. Das gilt für viele Gerichte und Zutaten, von Brot bis hin zu frischen Kräutern.
- Reste von Mahlzeiten werden für neue Gerichte verwendet. Keine Ideen dazu? Dann sind entsprechende Kochbücher hilfreich, wie z. B. die 2022 von der Volkshilfe Tirol herausgebrachte Rezeptsammlung „Gemeinsam kochen gegen Armut“. Online veröffentlicht die Vorarlberger Initiative „Offener Kühlschrank“ praktikable Reste-Rezepte
- Immer das Mindesthaltbarkeitsdatum im Auge haben. Das bedeutet jedoch nicht, dass Lebensmittel weggeworfen werden müssen, wenn das Datum überschritten ist. Im Gegenteil: Einfach mit Hausverstand Frische und Qualität prüfen. Und dann entscheiden!
Fairteiler. Im Haushalt überschüssige, aber noch verwendbare Lebensmittel können an Tafelnoder Hilfsorganisationen gespendet werden. Stichwort „Foodsharing“: Damit ist eine Bewegung gemeint, „die sich gegen den achtlosen Umgang mit Ressourcen und für ein nachhaltiges Ernährungssystem einsetzt. Langfristiges Ziel ist es, die Verschwendung von genießbaren Lebensmitteln zu beenden. Darum werden Lebensmittel in privaten Haushalten sowie von Betrieben gerettet“ (siehe Foodsharing-Plattformen). Die geretteten Lebensmittel werden in leicht zugänglichen, betreuten Fairteilern zur freien Entnahme angeboten: Beispielsweise in Wien, Innsbruck, im Bundesland Salzburgaber auch in St. Pölten. In Vorarlberg übernimmt die Initiative „Offener Kühlschrank“ die faire Verteilung von Essbaren.
Apps für To Good To Go. Auch im österreichischen Lebensmittelhandel gibt es inzwischen Angebote, damit Lebensmittel nicht zu Abfall werden. So „rettet“ die Tiroler Großbäckerei Ruetz „Brot & Gebäck mit TooGoodToGo“: Damit sind kostengünstige „Überraschungssackerln“ gemeint. Die Sackerln werden „mit jenen Produkten, die abends übrigbleiben gefüllt und können kurz vor Ladenschluss in der gewählten Bäckerei“ abgeholt werden.
In den 170 „Baguettes“ der Tiroler Firma M-Preis in den Bundesländern Salzburg, Vorarlberg, Kärnten, Oberösterreich und Tirol wird Abfall mit der Initiative „Halbe Stunde, halber Preis“ reduziert: 30 Minuten vor Geschäftsschluss kann ein ausgewähltes Sortiment von Brot und Gebäck um 50 % des regulären Preises erworben werden.
Österreichweit können Konsumenten bei Spar über die App „Too Good To Go“ Nahrungsmittel vor der Entsorgung in der Mülltonne retten: Ein „Überraschungssackerl“ mit Brot und Gebäck, Milchprodukten, Wurst und Frischfleisch aus der Selbstbedienung und Obst und Gemüse kann preislich vergünstigt 30 Minuten vor Geschäftsschluss abgeholt werden.
Kein gebratenes Hun für den Abfalleimer. Mit diesen Tipps und durch die erwähnten Angebote kann jeder Österreicher, jede Österreicherin sowie der österreichische Handel Beiträge zur Reduzierung von Lebensmittelabfällen leisten. Jeder noch so kleine Schritt zählt und trägt zu einer nachhaltigen Zukunft bei. Denn: Nirgends fliegen gebratene Hühner durch die Luft! Das Schlaraffenland hat es nie gegeben. Achten wir daher auf unsere Lebensmittel! Lassen wir sie nicht in den Abfall „fallen“.
Helmuth Öhler